Kanzlerin schießt mit Haltung zur Erweiterung der Europäischen Union über das Ziel hinaus

Kai Krause
Kai Krause
Kai Krause

(Meinerzhagen, 31.03.09) Der harte Kurs der Bundeskanzlerin Angela Merkel gegenüber einer EU-Erweiterung auf das Balkangebiet führt vor dem Hintergrund der europäischen Integration zur harschen Kritik innerhalb der Europäischen Union.

Das gerade nach den Vorfällen in Tschechien eine erneute Erweiterung der Europäischen Union aus Sicht der Bundeskanzlerin nur nach erfolgreicher Ratifizierung des Vertrages von Lissabon erfolgen kann, erscheint vorerst nachvollziehbar, darf aber von dieser Seite aus nicht beleuchtet werden.

Vorab sollte betrachtet werden, welche Intentionen die Gründungsväter der Europäischen Union gehabt haben, als sie diese ins Leben riefen.

Nach den Erfahrungen des Ersten und Zweiten Weltkrieges war es in erster Linie das Bestreben der Regierung von Großbritannien eine langfristige Friedenssicherung zwischen den Staaten Frankreich und Deutschland zu sichern. Das zweite und bis heute primäre Ziel ist die Liberalisierung der Märkte, mit freiem Handel, ohne Zölle und zwischenstaatlichen Einfuhrbestimmungen.

Die Europäische Union versteht sich als Staatenverbund, in denen souveräne Staaten Kompetenzen an eine Supranationale Institution, hier die Europäische Union abgegeben haben, um die oben genannten Ziele zu sichern. Der Europäischen Union fehlt somit, die sogenannte Kompetenz-Kompetenz. Die Europäische Union kann sich daher keine weiteren Politikbereiche der Mitgliedsstaaten zu eigenen machen, außer denen die ausdrücklich im Vertrag der Europäischen Union festgeschrieben sind.

Das ändert sich auch nicht mit dem Vertrag von Lissabon, die wesentliche Änderung durch den Vertrag von Lissabon ist die weitgehende Abschaffung des Demokratiedefizits. Das Europäische Parlament, jetzt ein Kontroll-, Vorschlags- und Diskussionsgremium wird durch den Vertrag in den meisten Politikbereichen dem Ministerrat gleichstellt. Das durch das Souverän legitimierte Parlament erhält somit ein größeres Mitsprache- und Entscheidungsrecht bei dem Erlass von Verordnungen und Richtlinien, ähnlich dem des Deutschen Bundestag.

Durch diesen Vertrag erhält die Europäische Union zwar einen „Hohen Vertreter in der Außen- und Sicherheitspolitik“, der Vertrag ändert aber nichts an dem Rechtscharakter der Europäischen Union. Die Europäische Union bleibt ein Staatenverbund ohne Kompetenz-Kompetenz.

Eine Ratifizierung des Vertrages von Lissabon ist gerade vor dem Hintergrund der Außendarstellung der Europäischen Union anzustreben, aber nicht um jeden Preis.

Dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel gerade jetzt, wo ihre Umfragewerte sinken und der Wahlkampf für die kommenden Bundestags- und Kommunalwahlen schon anläuft, eine harte Linie in der Balkanfrage anstrebt ist nicht überraschend. Die eher konservative Haltung der CDU gegenüber Erweiterungen der Europäischen Union wurde schon in der Türkeifrage deutlich und seinerzeit zu einem Wahlkampfthema hochstilisiert.

Diese Haltung der Bundeskanzlerin schießt aber über das Ziel hinaus, anders als bei der Türkei hat doch die Europäische Union in den Balkanstaaten eine besondere Verantwortung.

Die Europäische Union ist federführend im Wiederaufbau der Staaten des ehemaligen Jugoslawien. Die Stabilisierung des Gebietes, die Sicherung des Friedens, sowie die wirtschaftliche Unabhängigkeit dieser Staaten kann nur das Ziel der Europäischen Union sein.
Da es bei einem Beitritt in erster Linie um wirtschaftliches Interesse geht, damit der Wohlstand und somit auch der Frieden in diesen Staaten gesichert werden kann, darf der Beitritt nicht an die Bedingung der Ratifizierung des Vertrages von Lissabon gekoppelt werden.

Die Zukunft und damit die Verantwortung der Europäischen Union würde damit in die Hand einzelner Staaten, nämlich in diese die den Vertrag von Lissabon ablehnen gelegt werden. Das kann gerade vor dem Hintergrund der angesprochenen Verantwortung für die Balkanstaaten nicht im Interesse der Europäischen Union und europäischen Integration sein.

Die Kanzlerin sollte in dieser Sache keinen Wahlkampf führen sondern im Interesse der europäischen Integration handeln.