Wenn die Prognosen des Statistischen Landesamtes zutreffen, dann wird Meinerzhagen in 16 Jahren keine 18000 Einwohner mehr haben. Man kann das quasi als gottgegeben hinnehmen und die Hände in den Schoß legen, man kann diese Bevölkerungsentwicklung aber auch politisch begleiten und für Meinerzhagen entschärfen. Die Meinerzhagener haben ihren Bürgermeister und Rat gewählt, damit diese Politik machen. Politik zu machen heißt Zukunft zu gestalten.
Nun gibt es verschiedene Stile in der Politik. Wenige Bürgermeister besitzen genügend Charisma, um in Bürgerversammlungen die Öffentlichkeit für ihre Politik begeistern zu können. Andere entwickeln ihre Politik lieber „im geschützten Raum“, organisieren hinter verschlossenen Türen die notwendigen Mehrheiten, um so das, was sie für gut und richtig halten, möglichst ohne Reibungsverluste umzusetzen. Dieser sehr effektive Politikstil ist das, was, einst hoch gelobt, mit den „Meinerzhagener Verhältnissen“ gemeint ist. Er ist in der Tat undemokratisch, weil nur wenige beteiligt werden.
Man kann jedoch nicht behaupten, dass die Bürger am Regionale-Wettbewerb nicht beteiligt wurden. Seit 2009 fanden eine Reihe von öffentlichen Veranstaltungen statt, in denen jeder sich informieren und einbringen konnte. Wir müssen aber feststellen, dass „die Regionale“ in den Köpfen der Meinerzhagener ganz offensichtlich nicht angekommen ist.
Auch mir ist das Regionalekonzept für Meinerzhagen lange fremd geblieben. Die Vorträge der Fachleute vom federführenden Büro für Architektur, Stadtplanung und Stadtentwicklung (ASS) waren mir zu akademisch. 216 Seiten „Regionales Integriertes Entwicklungs- und Handlungskonzept“ waren eine Menge Stoff. Der Funke sprang nicht über. Es fehlte die verständliche und mitreißende politische Ansprache.
Inzwischen bin ich fest davon überzeugt, dass die erfolgreiche Teilnahme am Regionale-Wettbewerb ein einzigartiger Glücksfall für
Meinerzhagen ist. Man bedenke aber: Es ist das Gesamtkonzept, das überzeugen konnte, das mit drei Sternen belohnt wurde und dessen Umsetzung mit Landesmitteln gefördert werden soll. Es kann auch nur als Gesamtkonzept Wirkung für Meinerzhagen entfalten. Es lebt in Meinerzhagen, auf die Innenstadt bezogen, vom Zusammenspiel vierer Einzelmaßnahmen. Eine dieser Maßnahmen ist die Anbindung der Stadthalle an die Innenstadt durch Umgestaltung und Belebung des Platzes zwischen Halle und Volmecenter. Es ist das erste städtebauliche Projekt von Bedeutung seit rund 40 Jahren.
Von diesen vier Maßnahmen um den Bahnhof, den Stadtpark, die Stadthalle und die Innenstadt eine einzelne herauszulösen und in Frage zu stellen ist unsinnig. Dies würde bedeuten, das ganze Regionale-Konzept in Frage zu stellen und in seiner Wirkung zu beschneiden. Um das zu verstehen, muss man es kennen. Diejenigen, die weder an den öffentlichen Veranstaltungen teilgenommen noch das Konzept in seinem 216 Seiten langen Wortlaut gelesen haben, können es selbstverständlich nicht kennen.
Ein weiteres Dilemma ist der Umstand, dass heute zwar die Kosten der Umsetzung bekannt sind, die Wirkung des Konzepts für Meinerzhagen aber in der Zukunft liegt und heute noch nicht quantifizierbar ist. Eine Kosten-Nutzen-Analyse ist daher nicht möglich. Aber sich deshalb nur mit der bekannten haushaltswirtschaftlichen Seite des Projekts zu beschäftigen und die Chancen, die es für Meinerzhagen eröffnet, völlig zu leugnen, ist politisch unverantwortlich.
Viele von denen, die sich bisher zu Wort gemeldet haben, leben zwar in Meinerzhagen, arbeiten aber nicht (mehr) hier. Politik für Meinerzhagen geht sie selbstverständlich etwas an, hat für sie aber keine existenzielle Bedeutung (mehr). Selbstständige und Freiberufler jedoch, die hier noch viele Jahre lang ihren Lebensunterhalt und den ihrer Familien verdienen müssen, erwarten von der Politik, dass sie für ihre berufliche Existenz trotz der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung ein einigermaßen gesichertes Umfeld schafft. Dafür wird die Umsetzung des Regionale-Konzepts einen entscheidenden Beitrag leisten.
Denn sonst bleibt Meinerzhagen das, was sie heute schon ist: eine sterbende Stadt.