In den Haushaltsreden zum Meinerzhagener Haushalt in der gestrigen Ratssitzung ist viel zur Sprache gekommen. Alle Fraktionen haben ein Stück mit Bundes- oder Landespolitik je nach Coleuer aufs Korn genommen. Und natürlich: Die böse Kreisumlage.
Für mich letztendlich nur eine symptomatische Behandlung des ganzen Themas. Die Kernfrage liegt eigentlich ganz wo anders. In den kleinen Dingen. Oder den großen Dingen – je nach Betrachtungsweise.
Etwa 40% aller Steuereinnahmen müssen wir quasi direkt an den Kreis weiterleiten. Das ist auf dem Papier sicherlich bitter. Auf der anderen Seite erfüllt der Märkische Kreis dafür aber auch Aufgaben. Und diese Aufgaben kosten Geld. Genau wie bei uns in Meinerzhagen. Auch da kosten Aufgaben Geld. Jetzt entbrennt regelmäßig ein großer Streit darüber, dass irgendwelche Ausgleichsrücklagen vielleicht nicht ganz so aufgebraucht werden, wie das theoretisch möglich wäre. Das ist sicherlich oder möglicherweise richtig.
Allerdings muss man sich auch hier mal die Frage stellen: Im Kreistag sitzen Politiker, von denen die meisten auch in den Gemeinderäten zu finden sind. Wenn denn nun regelmäßig alle Gemeinden gegen den Haushalt des Kreises sind, warum stimmt der Kreistag denn dann so ab?
Was treibt denn die Kosten?
Nicht behandelt wird meist in den Haushaltsreden allerdings die Tatsache, dass es natürlich möglicherweise Sparmöglichkeiten gibt, die im Kreishaushalt nicht umgesetzt werden. In diesem Jahr entbrannte der Streit vor allem am hohen Verlust der Märkischen Verkehrsgesellschaft MVG, der komplett auf die Gemeinden umgelegt wurde. Art und Weise des Prozederes – das ist sicherlich nicht gut gelaufen, aber eben eine andere Baustelle – lassen hier mal unbetrachtet. Aber ein Ausweg aus der Misere wäre die Ausdünnung des MVG Verkehrsplans. Die Konzentrierung nur auf wichtige Verbindungen. Und das kann doch nicht ernsthaft Ziel der Überlegungen sein, denn dann würden die Randlagen noch weiter abgehängt.
Des weiteren fließen ja auch immer wieder Mittel zurück nach Meinerzhagen. Derzeit – um beim gleichen Projektkreis zu bleiben – gibt es das Projekt des On-demand-Verkehrs in Meinerzhagen. Hier geht es um Projektvolumen von insgesamt 1,746 Mio. Euro. Der Eigenanteil des Kreises liegt hier im optimistischen Fall bei 436 tsd. Euro. Falls der Kreis die Mehrkosten des Projekts nach Ausschreibung alleine tragen müsste, sind die Kosten noch einmal deutlich höher. Ja – dieses Projekt ist wichtig. Für die Zukunft der umweltfreundlichen Mobilität auf dem Land. Auch im gesamten Land NRW.
Aber – es ist eben auch teuer und treibt die Kreisumlage in die Höhe.
Und das ist eben immer das Problem. Bei Fördergeldern hören Kommunen oft auch mal auf zu denken. Ist ja billig. Kost ja nix. Nein – jeder Euro, den wir ausgeben, muss von einem arbeitenden Mitglied der Gesellschaft verdient werden. Es gibt keinen Wertigkeitsunterschied zwischen einem Förder-Euro oder einem aus dem Säckel der Stadtkasse Meinerzhagen. Einzig und allein die Sichtweise der Bezugspersonen macht den Unterschied.
Und damit kommen wir zum Kern des Problems:
- Eine Stadtbücherei ist schön, aber können wir uns 10 Euro pro Ausleihe leisten?
- Zwei Freibäder sind schön. Aber 10 Euro Zuschuss pro Badegast?
- Die Musikschule? Mehrere hundert Euro Zuschuss pro Schüler?
- Eine Stadthalle? Investitionen von mehreren Mio Euro und die daraus resultierenden Abschreibungen über die nächsten Jahrzehnte?
- Ein Mobilitätsprojekt On-Demand-Verkehr für fast 2 Mio Euro?
Das werde ich hier definitiv nicht beantworten. Das kann einer alleine nicht beantworten. Das kann eine Fraktion alleine nicht beantworten und nicht einmal der Rat der Stadt kann das alleine beantworten.
Das müssen wir alle beantworten. Uns einen gemeinsamen Konsens finden. Und wir müssen uns auch immer bewusst sein, dass Gesellschaft und Stadt eben mehr sind, als die bloße Abrechnung auf jeden Cent am Jahresende.
Die letzten Jahre haben uns auf jeden Fall gezeigt, dass der ach so schön bequeme und normale Wohlstand viel fragiler ist, als wir im Jahr 2019 noch alle angenommen haben. Die Herausforderungen in Sachen Umwelt da noch einmal komplett herausgenommen. Und alleine die wären schon Herausforderung genug.
Und damit komme ich zurück zum eigentlichen: Dem Haushalt 2023.
Selbst wenn ich den „Taschenspielertrick“ der außerordentlichen Erträge im Haushalt mal weglasse: Treffen die Schätzungen unserer Kämmerin für das Jahr 2023 ein, so würden wir das Jahr mit einem klitzekleinen blauen Auge durchbringen. Verglichen mit dem, was in den letzten zwei Jahren aufgelaufen ist, kaum der Erwähnung wert.
Schlimmer ist der Blick in die Zukunft: Keiner weiß, wie es weiter geht. Und damit stehen wir vor dem letzten großen Problem dieses Haushalts – die Kontinuität. Denn das ist das, was Planung letztendlich in größerem Umfang erst möglich macht. Und auch hier glaube ich derzeit noch nicht, dass sich das Fahrwasser im nächsten Jahr wieder vollständig beruhigt und wir den Dauerkrisenmodus wieder verlassen können.
Zum Schluss: Der Verwaltung sei Dank!
Ich habe das im letzten Sozialausschuss schon ausgiebig getan. Dank an die Verwaltung. Die es irgendwie noch geschafft hat, Straßen zu bauen, sich um Kinder, Senioren, Flüchtlinge, Obdachlose und sicher noch viele mehr zu kümmern. Die den Präsenzbetrieb nach Corona mit tollen Veranstaltungen wieder hochgefahren hat und vieles mehr. Und das in einer Personalsituation, wie man sie eher nicht haben möchte.
Ohne Ehrenamt wäre alles nichts.
Und dieser Dank muss auch an das Ehrenamt gehen. An alle, die sich engagieren. Öffentlich oder im verborgenen. Denn das ist Gesellschaft. Engagement und soziales Miteinander. Nach den Corona-Jahren müssen wir allerdings noch viele Schäden beseitigen, die durch die soziale Isolation entstanden sind.
Doch auch das werden wir sicherlich hinbekommen. Alle zusammen. Als Gesellschaft.