Unsere Haushaltsrede haben wir in diesem Jahr vor allem auf die Bereiche der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung und der unserer Ansicht nach überambitionierten Klimadebatte sowie der Diskussion um die Kreisumlage, also denjenigen Teil unserer Einnahmen, den wir direkt wieder an den Märkischen Kreis abgeben, gestellt. Hier ist vor allem der gestiegene Prozentsatz der Jugendamtsumlage zu nennen – und das hat Gründe.
Hier die Rede im Wortlaut (gehalten vom Ortsvorsitzenden Christian Schön):
„Sehr geehrter Herr Bürgermeister – lieber Jan,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
- Feinstaubalarm in Stuttgart ausgelöst,
- Schock-Prognose zur Klimakatastrophe,
- Soviel Feinstaub verursacht ein Feuerwerk,
- Klima vor dem Kippen,
das sind 4 Beispiele für Schlagzeilen der letzten Wochen. 4 Schlagzeilen, die zu solchen Meldungen führen:
- Audi streicht fast jede zehnte Stelle.
- Mubea stellt Antrag auf Abweichung von Tarifvertrag.
- Mercedes streicht über 10.000 Stellen.
Was möchte ich damit sagen? Die Diskussion über ein vernünftiges Klimaschutzprogramm ist nicht falsch! Sie ist richtig und notwendig. Nur machen wir derzeit in Deutschland einen entscheidenden Fehler: Wir wollen zu viele Dinge auf einmal. Wir sorgen derzeit dafür, dass unser größter Industriezweig, die Automobilindustrie, und damit hunderttausende Arbeitsplätze ins Wanken geraten. Sogar neue und auch zielgerichtete Industrien wie die Windkraft-Industrie reden wir durch ewige Diskussionen und permanente Klagen kaputt.
Meinerzhagen ist, wie wir alle wissen, ein recht großer Standort der Automobil-zuliefererindustrie. Wir ziehen viel Gewerbesteuer aus dem Thema „Schneller, weiter höher“, da hochwertige Alufelgen viel mit Premium-Automobilen zu tun haben. Insofern ist es für mich nur noch eine Frage des WANNs, bis die Auswirkungen auch für Meinerzhagen deutlich spürbar sind.
Statt vernünftige technologieoffene Pläne für Mobilität zu entwickeln, lassen wir uns einseitig in eine Technologie, die Elektromobilität treiben.
Wir werden getrieben von Menschen, die den Deutungsanspruch alleinig für sich erheben. Ja – auch Umwelt und Klima sind schließlich ein Milliardengeschäft.
Fragen wie die Ausbeutung von Kindern und Drittweltländern z. B. beim Abbau des Lithiums werden an dieser Stelle bewusst ausgeblendet, getreu dem Motto, es ist ja weit weg – die Klimakatastrophe ist HIER und nicht DORT.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die gerne einen Klimanotstand über alles stellen, wir müssen unseren Ingenieuren in Deutschland auch die Möglichkeit geben Alternativen zu entwickeln. Alternativen zu Systemen die derzeit noch überhaupt nicht ausgereift sind. Wir müssen aufhören, alles zu sofort zu lösenden Problemen zu machen und stattdessen möglichst viele Leute auf unseren Weg mitnehmen, damit sich die Gesellschaft nicht in noch mehr Teile zerlegt. Positiv ausdrücken und denken. Wir stehen vor großen Herausforderungen. Das hört sich besser an und ist wahrscheinlich auch ehrlicher, denn wir wissen noch nicht genau, wo uns die Zukunft hinführt.
Wir müssen Alternativen entwickeln für die Zukunft unseres Energiemarktes. Aber auch hier zeigt sich wieder die Doppelmoral. Während auf breiter Linie Energie aus erneuerbaren Energien, allen voran durch die Grünen gefordert werden, sind es gleichzeitig die Personen, die Bürgerinitiativen gegen Windräder und Stromtrassen vor Ort organisieren und unterstützen. Hier gilt leider oft genug: Das eine Windrad wird vom BUND beklagt, das andere vom NABU.
Pumpspeicherwerke oder aber Deals zur Sonnenenergie mit nordafrikanischen Staaten werden genauso abgelehnt. So kommt man nicht weiter.
Gleichzeitig werden unsere Landwirte, unsere Autoindustrie und unsere Stromkonzerne, natürlich neben den Dieselfahrern als Klimakiller Nr. 1 hingestellt. Dabei sind es doch auch die drei Erstgenannten, die Arbeitsplätze, Nahrungsmittel und somit auch Wohlstand für unser Land erwirtschaften.
Erwirtschaften! Das ist der entscheidende Punkt. Auch die Maßnahmen gegen den Klimawandel, Geld für die Umsetzung der Klimagesetze und die damit verbundenen Herausforderungen müssen erwirtschaftet werden. So funktioniert das System und das müssen wir, wenn wir ehrlich sind, auch so nennen. Wir dürfen nicht unsere Arbeitsplätze aufs Spiel setzen! Sonst setzen wir zeitgleich auch die Zukunft für unsere Kinder durch eine wirtschaftliche Spirale nach unten aufs Spiel.
Ein bisschen mehr Wissenschaft, ein bisschen mehr Kopf, bei gleichzeitiger Offenheit für neue Ideen, täte der Debatte und als Ziel unserem Klima gut.
Kommen wir aber jetzt mal im Einzelnen zum Kernthema: Dem Haushalt 2020!
Auch in Meinerzhagen muss das Geld, welches wir hier für die Bürgerinnen und Bürger ausgeben, erwirtschaftet werden. Auch die Menschen hier in Meinerzhagen brauchen Arbeitsplätze, damit wir uns Freibäder, Musikschulen, neue Straßen, gute Schulen, neue Spielplätze und ein schönes Städtchen leisten können.
Das dritte Jahr in Folge hat es unsere Kämmerin geschafft, einen strukturell ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Danke dafür Frau Neumann!
Dass die Zeiten auch in Meinerzhagen stürmischer werden als im vergangenen Jahr noch prognostiziert, konnten wir im Rahmen der Haushaltserörterungen hautnah erfahren. Dennoch hat es die Verwaltung in Zusammenarbeit mit dem Rat geschafft, den Haushaltausgleich herzustellen.
Bei der Einbringung des Haushalts nahm das Thema Transferaufwendungen einen hohen Stellenwert ein. Da schimpfen wir gerne drüber. Böse Kreisumlage. 1,7 Millionen Euro mehr. Unverschämtheit.
Doch, liebe Kolleginnen und Kollegen, rechnet man hier einmal genauer nach, kommt man zu dem Ergebnis, dass der Kreis uns lediglich mit knapp über 600.000 Euro mehr belastet als im letzten Jahr. Der Rest entfällt auf eine gestiegene Steuerkraft, die wir in der Vergangenheit längst vereinnahmt haben und nun nachwirkend den Anteil an den Kreis zahlen müssen. Ferner ist es ausschließlich das Jugendamt in der differenzierten Kreisumlage, das hier prozentual steigernd zu Buche schlägt – der Satz für die allgemeine Kreisumlage ist sogar noch einmal gesunken.
Die gestiegene differenzierte Kreisumlage ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass der gesamte Kreis die Abdeckung mit Kindergärten und Kindertagesstätten ausbaut. Das beschließen wir für Meinerzhagen selber im Sozialausschuss und im Rat mit. Der Kreis sagt uns nur im Nachhinein, was der ganze Spaß kostet. Und ich glaube, dass der Wille zum Ausbau der Möglichkeiten für Kinder und Familien sowohl im Bereich der Kitas als auch im Rahmen der OGS über alle Fraktionen unstrittig ist. Und wir sind stolz darauf, im nächsten Jahr mit neuen Kitas und einer gesteigerten OGS-Qualität an den Start gehen zu können. Wir möchten möglichst keiner Familie einen Betreuungsplatz verwehren müssen.
Den Schuldigen also alleine am Kreis auszumachen, wie unser Bürgermeister dies bei der Einbringung des Haushalts so schön gemacht hat, ist aus unserer Sicht grob falsch und, lieber Jan, auch unehrlich, denn wir wissen das besser.
Auch der Märkische Kreis selbst hat im Übrigen enorme Transferaufwendungen. Einen Großteil der Umlagen, die der Kreis einnimmt, werden gleich weiter an den Landschaftsverband abgegeben. Jetzt höre ich schon fast das innerliche Grummeln, ach der LWL mit seinen schönen Museen und dem Denkmalschutz und so. Ich möchte Sie nicht mit Zahlen langweilen aber hier nur 3 Fakten:
Der LWL Haushalt hat im kommenden Jahr ein Volumen von rund 3,5 Milliarden Euro. Dafür werden rund 98 Millionen Euro für Kultur und Wissenschaft ausgegeben und 107 Millionen Euro für die Schulen. Schulen für Kinder mit Handicap, Schulen, die es Menschen möglich machen, eine gleiche Ausbildung zu erlangen, wie Kinder ohne Behinderungen.
Der Löwenanteil von rund 2,5 Milliarden Euro aber gehen allein in Eingliederungshilfen für behinderte Menschen.
Wenn wir also eine Debatte über Umlagehaushalte und deren Ungerechtigkeit führen, so müssen wir gleichzeitig eine Debatte darüber führen, ob wir behinderten Menschen diese Leistungen weiter zukommen lassen wollen. Aus Sicht der Freien Demokraten sind dies wichtige und richtige Leistungen, damit Menschen mit Behinderungen möglichst gut teilhaben können an unserem gesellschaftlichen Leben.
Wir wollen an dieser Stelle nicht den Rotstift ansetzen! Und ich glaube auch nicht, dass dies durch die anderen Fraktionen und auch nicht von unserem Bürgermeister gewollt ist. Ich hoffe, dass ich an dieser Stelle ein wenig mehr Transparenz in die Zusammensetzung der Kreisumlagen bringen konnte.
Wir segeln stürmischen Zeiten entgegen. Hier braucht es nicht nur einen guten Steuermann, sondern eine gute Mannschaft, die das Boot auf Kurs hält.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gesteuert wird das Schiff durch die Verwaltung, den Kurs jedoch, den geben wir vor. Wir müssen uns in Zukunft entscheiden, welche Investitionen wir tätigen können, denn die heutigen Investitionen sind die Abschreibungen und damit Kosten von morgen. Aber auch im Hinblick auf den Klimawandel müssen wir schauen, in wie weit wir höhere Ausgaben verkraften können. Bei den Ausgaben für Schule und Kitas werden wir mit deutlichen Erhöhungen rechnen müssen.
Auf der Einnahmenseite gehen wir als Freie Demokraten in den nächsten Jahren von einem Ende des Steuerbooms auf Rekordniveau aus. Vor diesem Hintergrund halten wir es auch für nicht zielführend, den Bürgerinnen und Bürgern vorzugaukeln, dass zum Beispiel ein „Klimanotstand“ keine Einschnitte bedeuten würde.
Um das bestmögliche Paket für Meinerzhagen zu schnüren, müssen wir besonnen und nicht polemisch vorgehen. Ehrlichkeit in allen Debatten, das muss der Inhalt der Politik in Meinerzhagen sein, hierzu gehört neben der Offenheit auch immer ein hohes Maß an Selbstkritik.
Lieber Jan,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung,
liebe Gäste,
Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest im Kreis Ihrer Lieben und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2020!“
Gehalten wurde die Rede bei der Ratssitzung am 2. Dezember 2019 im Rathaus in Meinerzhagen.