Haushaltsrede der FDP-Fraktion zum Haushalt 2024
Meinerzhagen, 05.02.2024
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, Damen und Herren der Verwaltung, liebe Kolleginnen, Kollegen und Gäste,
in der fünften Haushaltsrede am heutigen Abend bleibt meist gar nicht mehr so viel Neues zu erzählen. Die wesentlichen Zahlen wurden genannt, Kreis, Land und Bund bereits erwähnt. Negatives wie hoffentlich auch Positives wird Eingang in die Reden gefunden haben.
Deshalb entschuldige ich mich bereits jetzt für wahrscheinlich doppelt vorgetragene Dinge. Aber das ist die Natur der Redefolge.
Und deshalb muss ich die wichtigsten Dinge schlicht noch einmal wiederholen: Für das Jahr 2024 steht im Haushaltsansatz ein Verlust von 2,55 Mio. Euro. Dieser kann lediglich fiktiv aus der Ausgleichsrücklage ausgleichen werden. Und die Planung für 2025 sieht gar noch einmal deutlich schlimmer aus.
Fiktiver Haushaltsausgleich – nur auf dem Papier.
Die einzige „Rettung“ des Haushalts ist unsere „prall gefüllte“ Ausgleichsrücklage, die wir laut Planung in den nächsten Jahren zuverlässig auf Null bringen. Eine Ausgleichsrücklage, die wir in den vergangenen Jahren durch hervorragende Einnahmeüberschüsse aufbauen konnten. Ach nein – Moment. Auch das waren ja nur die Taschenspielertricks im Rahmen des COVID19-Ukraine-NKF Isolierungsgesetzes, mit denen wir diese Ausgleichsrücklage überhaupt in der Höhe erzeugt haben. Echtes Geld, das in die Stadtkasse eingegangen ist, hat die Ausgleichsrücklage nahezu nicht gesehen.
Nachhaltig ist das nicht.
Gegenüber dem ersten Entwurf weist die Veränderungsliste aber zumindest doch noch einen etwas geringeren Fehlbetrag im Haushaltsansatz aus. Hauptänderung hier ist die um knapp 2,4% verringerte Kreisumlage. Allerdings setzt sich dies in den Folgejahren nicht fort.
Unter dem Strich bleibt ein Minus von etwa 2,55 Mio. Euro in 2024 und satten 7,15 Mio. Euro in 2025. Nach derzeitigem Stand ist dies ein Haushalt weit über unseren Verhältnissen. Und bislang ist nicht absehbar, dass sich der Sachstand in den nächsten Jahren großartig ändert. Ein Wirtschaftsboom scheint derzeit jedenfalls nicht in Sicht.
Einnahmen- oder Ausgabenproblem?
Diese Frage wird in Meinerzhagen und auch anderswo immer wieder aufgeworfen. In früheren Jahren hätte ich diese auch noch etwas konsequenter beantwortet als heute. Wenn ich in alte Haushaltsreden der FDP-Fraktion schaue, dann haben wir oft von einem Ausgabenproblem geredet.
Heute aber sehe ich auch viele Probleme auf der Einnahmenseite. Risiken, die Meinerzhagen durch die Gewerbesteuer direkt betreffen, aber auch viele Aufgaben, die zwar auf die Städte verlagert, aber nicht ausreichend bezahlt werden.
Einen großen Teil der Ausgaben können wir gar nicht direkt beeinflussen. Ich muss hier die Kreisumlage nennen, die vom Ergebnis 2022 bis zum Ansatz 2027 um satte 53% steigen soll. Dazu kommt noch die Umlage fürs Jugendamt in Höhe von etwa 9 Mio. Euro, die allerdings zunächst ohne starke Steigerungen geplant ist. Ich denke, die Probleme mit den Märkischen Kliniken oder die MVG sind hinreichend thematisiert.
Für die Stadt Meinerzhagen schlagen sich diese Dinge über die Kreisumlage in einem Ausgabenproblem wieder. Dahinter steckt allerdings eben auch eine Unterfinanzierung des Gesundheitssystems bzw. des ÖPNVs, der ja nun auch einen guten Teil der Energiewende im Bereich Verkehr bewerkstelligen soll. Neue Services wie BEA sind zwar einerseits wunderbar und werden ja auch gut angenommen, andererseits kosten sie aber auch eine Menge Geld – selbst mit Förderung. Und die Kosten werden steigen, wenn das Pilotprojekt zu Ende gegangen ist und die MVG bzw. der Kreis möglicherweise die kompletten Kosten tragen muss.
Direkt von uns zu vertreten ist in jedem Fall der Umbau der Stadthalle zur Bürgerhalle, was den Steuerzahler Stand heute insgesamt knappe 18 Mio. Euro kosten wird. Etwa die Hälfte davon werden wir als Stadt zu tragen haben, den Rest soll gemäß der Planungen von Land und Bund getragen werden. Das wollen wir uns leisten. Zwingend für die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger ist das nicht unbedingt. Als Investition gehen diese Ausgaben zwar nicht direkt in das Ergebnis ein, sorgen aber für Abschreibungen und auch Zinszahlungen von morgen, mit denen wir dann die zukünftigen Haushalte belasten.
Durch den sich rapide ändernden Zinsmarkt können wir bereits aktuell keinen Ausgleich mehr zwischen Zinserträgen und Zinsaufwand herstellen, sondern haben hier eine weitere Finanzlücke von etwa 1,5 Mio. Euro pro Jahr – im Jahr 2027 sogar von ca. 2 Mio Euro geschaffen. Nach dem vorliegenden Finanzplan wird sich hier insbesondere der Bereich der Investitionskredite gegenüber 2023 nahezu verdoppelt haben. Die Bürgerhalle lässt grüßen.
So weit zur Ausgabenseite.
Bei den Einnahmen haben wir zum Beispiel Probleme im Sozialen Bereich, in dem Fallzahlen gestiegen sind und nun deutlich mehr Personal benötigt wird. Insgesamt wird vermehrt durch Bund und Land Leistungen verteilt, aber nicht oder zumindest nicht ausreichend bezahlt.
Auch bei den Steuereinnahmen kann man derzeit keineswegs sicher planen. Die Jahre der Vollbeschäftigung sind meines Erachtens vorbei und die Automobilindustrie sowie die Zulieferer stehen vor einem radikalen Umbruch. Was dies für das größte Unternehmen der Stadt heißt, kann man derzeit ja fortwährend der heimischen Presse entnehmen. Und wir stehen damit nicht alleine – auch ZF, Bosch, VW, Ford und viele weitere Konzerne haben einen massiven Stellenabbau längst angekündigt.
Man sollte an dieser Stelle nicht den Fehler machen, zu glauben, dass unser Wohlstand in Stein gemeißelt ist. Oftmals allerdings hat es viel zu sehr den Anschein, dass dies noch die vorherrschende Einstellung ist.
Haushalt – mehr als Zahlen.
Nimmt man die reinen Zahlen, dann ist der Fall klar – wir müssten sparen und dem Haushalt nicht zustimmen. In der Praxis würde das aber heißen, dass vielleicht die Fortsetzung von BEA nicht möglich ist, eine Bürgerhalle nicht umgebaut oder ein Freibad geschlossen werden müsste – nur um mal drei Beispiele einer noch deutlich längeren Liste zu nennen.
Eine lebenswerte Stadt ist jedoch mehr als nur die Sammlung von Zahlen in einem ausgeglichenen Haushalt. Und insofern müssen wir auch immer etwas wagen, auch wenn das Geld gerade knapp ist. Zum Beispiel Spielplätze bauen. Oder eben ein Sozio-Ökonomisches Zentrum mit Bürgerhalle. Volmecenter. Auch mit Ärzten – so die Planung. Lebendiges Treiben rund um den Otto-Fuchs-Platz – das wird das Leben in Meinerzhagen sicherlich noch einmal deutlich bereichern.
Und schon erkennt man: Die Zahlen sind eben bei weitem nicht alles.
Dank an die Verwaltung
Für die Verwaltung war das Jahr 2023 ein erneutes Jahr im Krisenmodus. Das vierte Jahr in Folge. Kriegsflüchtlinge und weitere Herausforderungen im sozialen Bereich, Kostensteigerungen im Baubereich und die dauerhafte Personalnot begleiteten das Team der Stadtverwaltung auch in diesem Jahr. Zum völligen Überfluss kam dann noch ein Virus der anderen Art von der SIT hinzu, der die Mitarbeitenden bis zum letzten gefordert hat und dessen Nachwirkungen immer noch nicht zu Ende sind. Die unbesetzten Stellen zum Beispiel durch das Dauerthema Autobahn und allgemeinen Fachkräftemangel reichten dem Schicksal anscheinend noch nicht aus.
Daher möchte ich zum einen noch einmal ganz explizit den herzlichen Dank der FDP-Fraktion aussprechen und zum anderen die Daumen für 2024 drücken, dass etwa mehr Normalität endlich wieder einkehren möge.
Zustimmung zum Haushalt.
Auch, wenn ich in dieser Rede viele Bedenken geäußert habe, werde sowohl ich als auch voraussichtlich die gesamte FDP-Fraktion dem Haushalt für das Kalenderjahr 2024 zustimmen, weil wir glauben, dass der Rat der Stadt Meinerzhagen gemeinsam mit der Verwaltung darin viele gute Dinge anstoßen und die Lebensqualität in unserer Heimatstadt erhalten oder vielleicht noch zu verbessern.
Ich hoffe, dass für das Jahr 2025 noch einige der Unterfinanzierungen der Kommunen in den nächsten Jahren abgebaut werden. Diejenigen, die in Land und Bund die Musik bestellen, mögen sich bitte ihrer Verantwortung für Demokratie, Solidarität und der Wirkung auf die Bürger bewusst sein. Sie mögen Kreise, Städte und Gemeinden als letzte Glieder der Kette nicht hängen lassen.
Wenn in der Konsequenz dann das Defizit in 2025 doch nicht so hoch ausfällt, wie es hier zunächst geplant ist, wird man hoffentlich auch dem Haushalt wieder guten Gewissens zustimmen können.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Christian Schön)