Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,
bitte gestatten Sie mir einen kurzen Prolog:
Der vorliegende Entwurf sieht im Finanzplan Auszahlungen aus Investitionstätigkeit in Höhe von ca. 9,4 Mio. € vor, darin enthalten das Bauprogramm mit einem Volumen von etwa 8,5 Mio. €. Diese Investitionen erfordern eine Kreditneuaufnahme von rund 6,4 Mio. €.
Im Ergebnisplan sind dagegen für Investitionskredite Zinsaufwendungen in Höhe von 1,35 Mio. € eingeplant. „Dieser Ansatz berechnet sich aus den Zinsleistungen für die laufenden Investitionskredite und einer Neuaufnahme in Höhe von 2 Mio. € ab Mitte des Jahres 2009 “ (Zitat aus der Haushaltsrede des Kämmerers vom 15.12.08).
Der Haushaltsplan ist also in sich widersprüchlich. Die FDP hatte in der Sitzung des Ausschusses PSVU vom 27.01.09 den Antrag gestellt, der Baudezernent möge das Bauprogramm modifizieren derart, dass Investitionshöhe und daraus resultierende Neuverschuldung mit dem Ansatz für Zinsaufwendungen korrespondieren.
Der Ausschuss ist dem Antrag der FDP nicht gefolgt. Außerdem hat der Kämmerer anlässlich einer Anfrage der FDP in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses vom 09.02.09 versucht, seine eigenen Ausführungen zum Haushaltsentwurf zu entkräften.
Meine Damen und Herren, die im Haushalt veranschlagten Auszahlungen aus Investitionstätigkeit, die eine Neuverschuldung in Höhe von rund 6,4 Mio. € notwendig machen, sind im Etat auf der Aufwandseite nicht gedeckt. Deshalb kann die FDP-Fraktion dem vorliegenden Entwurf nicht zustimmen.
Nun aber die Stellungnahme der FDP-Fraktion zu unserer desolaten Haushaltssituation, die aus gegebenem Anlass sich nur mit einem einzigen Thema beschäftigt, nämlich der Haushaltssanierung aus eigener Kraft.
Der gegebene Anlass ist der Umstand, dass die Stadt Meinerzhagen, einstmals eine Vorzeigekommune, inzwischen Spitzenreiter im Märkischen Kreis bei der Neuverschuldung ist.
Von allen 15 Kommunen im Kreis, von denen bereits 2 dabei sind Schulden abzubauen, haben wir die größte Dynamik bei der Entwicklung des Schuldenstandes, und zwar unabhängig davon, ob wir nur den Kernhaushalt betrachten oder die Kassenkredite mit hinzunehmen.
Derzeit zahlen wir jährlich rund 300.000 € mehr an Zinsen als noch in der letzten Legislaturperiode. Soll das so weitergehen? Nach dem Willen des Bürgermeisters offensichtlich ja, wenn wir uns die mittelfristige Finanzplanung in diesem Haushalt 2009 anschauen.
Dabei behauptete der Bürgermeister in seiner Haushaltsrede, unsere Haushaltswirtschaft bliebe gestaltbar. Das ist sicher auch so.
Und der Kämmerer zog in seiner Rede das Fazit: „Das Schiff kann die Klippen noch umfahren, es droht noch nicht aufzulaufen, ein Kurs in das sichere tiefere Gewässer ist aber noch nicht abgesteckt.“
Aber wenn unsere Haushaltswirtschaft, Herr Bürgermeister, gestaltbar ist nach Ihren Worten, warum tun Sie es dann nicht? Warum gestalten Sie dann nicht in Richtung einer Konsolidierung unseres Haushalts?
Ich kann es Ihnen sagen: Weil gar kein Kurs abgesteckt ist! Und wenn kein Kurs abgesteckt ist, meine Damen und Herren, dann fährt das Schiff sonst wo hin, nur nicht dahin, wo es hinsoll.
Aber wo wir tatsächlich hinkommen, wenn wir so weitermachen wie bisher, wenn wir uns immer weiter verschulden und der Schuldendienst uns immer mehr die Luft zum Atmen nimmt (für Zins und Tilgung müssen wir in diesem Jahr rund 2,4 Mio. € aufwenden), wo wir hinkommen, ist doch klar.
Sie selbst, Herr Bürgermeister, wollen uns volle Handlungsfreiheit nur noch bis 2013 in Aussicht stellen. Dann kommt die Haushaltssicherung, in der wir ohne die Einführung des NKF dank Ihrer Haushaltswirtschaft auf Pump schon in 2007 gewesen wären.
Haushaltssanierung aus eigener Kraft – andere Kommunen haben es uns längst vorgemacht oder sind seit Jahren auf dem besten Wege dorthin.
Um den Haushalt sanieren zu können, muss man Schulden abbauen. Und um Schulden abbauen zu können, muss man mehr Geld in der Kasse haben. Das erreicht man wiederum, indem man mehr einnimmt bzw. weniger ausgibt – eine Binsenweisheit.
Wenn wir unseren Haushalt wirklich sanieren wollen mit dem Ziel, irgendwann schuldenfrei zu sein, wie es die Stadt Langenfeld im Rheinland vorgemacht hat, müssen wir beides tun: mehr einnehmen und weniger ausgeben!
Zunächst zur Einnahmenseite:
1) Auf einen nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung, der daraus resultierende Mehreinnahmen des Staates bei den Kommunen ebenso nachhaltig ankommen lässt, ist nicht zu hoffen.
2) Eine Erhöhung von Steuern und Abgaben kommt in Meinerzhagen nicht in Frage, dies nur der Vollständigkeit halber.
3) In der Dokumentation der Verwaltung zur Eröffnungsbilanz waren natürlich auch die städtischen Beteiligungen an der Baugesellschaft und den Stadtwerken Gegenstand der Betrachtung.
Ich zitiere: Bei den Beteiligungen an den Stadtwerken und an der Baugesellschaft „stehen für die Stadt eher finanzielle Gründe und weniger Sachziele im Vordergrund. Dies ergibt sich aus den regelmäßigen, nicht unerheblichen Ausschüttungen zugunsten der Stadt “ und den Beteiligungsquoten.
Auf die Relevanz dieser Aussage im Hinblick auf den § 107 GO wollen wir hier nicht näher eingehen. Aber wenn mit diesen Beteiligungen kein dringender öffentlicher Zweck (mehr) verfolgt wird, und für diese Einschätzung spricht nicht alles, aber einiges, dann wäre eine andere Bewertung dieser Beteiligungen, nämlich unter reinen Markt- und Renditegesichtspunkten, die logische Konsequenz.
4) Eine Verbesserung unserer Haushaltssituation auf der Einnahmenseite erfordert eine aktive Wirtschaftsförderung. Wirtschaftsförderung muss Chefsache sein, d.h. neben der Bereitstellung von Bauland und einem „Runden Tisch“ mit Vertretern aller an einem Genehmigungsverfahren beteiligten Behörden gehört dazu auch die Bestandspflege.
Firmenbesuche und regelmäßige Gespräche im größeren Kreis über einen anzustrebenden netzwerkfähigen Branchenmix vor Ort, aber auch eine aktive Akquisition von neuen Unternehmen sind unverzichtbar.
In unserer Nachbarstadt Drolshagen, nur wenige Kilometer entfernt (ich habe mit dem dortigen Beigeordneten gesprochen), haben sich in den letzten Jahren 22 neue Unternehmen angesiedelt.
Zahlreichen alteingesessenen Firmen konnten Erweiterungsflächen angeboten werden. Zwei Gewerbegebiete wurden komplett am Markt platziert, während hier bei uns die Entwicklungsgesellschaft für das Interkommunale Gewerbegebiet Grünewald bereits rund 800.000 € an Kosten (keine Erschließungskosten) produziert hat, ohne dass überhaupt die Grundstücksverhandlungen abgeschlossen wären.
Nun zur Ausgabenseite:
1) Noch in diesem Jahr muss das Personalentwicklungskonzept der Verwaltung auf den Tisch und beraten werden. Eine Verwaltungsstrukturreform, in anderen Kommunen längst vollzogen, ist überfällig.
Bei weniger Hierarchieebenen muss Verantwortung von oben nach unten delegiert und müssen Budgets eingeführt werden.
2) Die FDP wird in den nächsten Wochen die Verwaltung bitten darzulegen, inwieweit bei uns ein Gebäudemanagement betrieben wird. Ein umfassendes Management- und Bewirtschaftungskonzept ist nötig, um in diesem Bereich Ausgaben reduzieren zu können.
3) Endlich muss bei uns die bereits in ihrem Bericht aus 2005 von der GPA geforderte umfassende Aufgabenkritik stattfinden. Wir müssen uns bewusst machen, was wir tun und warum wir es tun.
Dabei ist es unumgänglich, die Finanzierung unserer freiwilligen Leistungen, deren Kosten geradezu explodieren, auf eine breitere Basis zu stellen, wenn wir unsere Einrichtungen erhalten wollen, und das wollen wir.
Es ist unbestritten, dass gerade vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung unsere Stadt für Unternehmen, junge Familien und Senioren gleichermaßen attraktiv bleiben muss.
Soweit zu Einnahmen und Ausgaben. Und nun zum Fazit:
Meine Damen und Herren, dieser Entwurf ist im wahrsten Sinne eine haushaltspolitische Bankrotterklärung. Wir haben seit vielen Jahren Stillstand in der Haushaltspolitik. Vergangenheit wird verlängert statt Zukunft zu gestalten.
Unter der Führung von Stadtdirektor und Bürgermeister Pierlings haben sich unsere Schulden seit 1992 nahezu verdreifacht. Zu den SWAP-Geschäften kommen wir noch an anderer Stelle der heutigen Tagesordnung.
Letztendlich verantwortlich für den Haushalt ist jedoch der Rat! Wir können doch nicht mehr nur zusehen, Kolleginnen und Kollegen, wie uns der Ast abgesägt wird, auf dem wir sitzen.
Dass von der SPD keine Kritik kommt an der Haushaltsführung des Bürgermeisters versteht sich von selbst. Die CDU ist gefragt, die für einen Neuanfang notwendigen Mehrheiten bereitzustellen. Meinerzhagen kann mehr!
Wir, das heißt die Fraktionen, müssen im Hinblick auf unsere Haushaltssituation endlich anfangen konzeptionell statt taktisch zu denken. Deshalb wirbt die FDP eindringlich für einen Konsens unter den Fraktionen über die Notwendigkeit einer Haushaltssanierung aus eigener Kraft. Unser Ziel muss sein, bis 2013 die Nettoneuverschuldung auf Null zu fahren. Ohne einen solchen Konsens wird der Rat über kurz oder lang seine Handlungsfähigkeit verlieren.
Langenfeld hat es uns vorgemacht. Über die Aktivierung des bürgerschaftlichen Engagements, die Modernisierung der Stadtverwaltung und den Aufbau einer aktiven Wirtschaftsförderung.
Die Patchworkkommune am Rande des Kreises Mettmann ist heute schuldenfrei und hat nun zum dritten Mal in Folge alle drei Steuersätze gesenkt. Machen wir es nach!